
Dein Hund zerrt dich von A nach B, bellt andere Hunde an, will jeden Menschen anspringen? Wenn du ihn rufst, reagiert er nicht und drinnen ist er ständig am rumtigern oder macht sogar Dinge kaputt?
Das ist ja unmöglich!
Oder doch nicht?
Was ist da eigentlich los? Lass uns mal genauer hinschauen... :)
Vor ab möchte ich gerne darauf hinweisen, dass es hier um das Zusammenleben zweier verschiedener Arten geht - Mensch und Hund. Wir sprechen weder die selbe Sprache, noch haben wir die selbe Genetik oder gar die gleichen Bedürfnisse. Selbst unsere Gehirne funktionieren, teilweise, sogar unterschiedlich und es werden Sinneseindrücke unterschiedlich wahrgenommen und verarbeitet. So riecht dein Hund beispielsweise Dinge, die du nicht mal erahnen kannst - ganz einfach, weil deine Nase sie nicht wahrnehmen kann.
Als Beispiel, mal so vorab.

Warum erzähle ich dir das?
Ganz einfach, weil ich zunächst als Ausgangsbasis festhalten möchte, dass ein Hund kein Mensch ist (und ein Mensch kein Hund). Dennoch holen wir Hunde in unser Leben, unser Haus, unseren Alltag und erwarten, dass sie in unserer Umwelt "funktionieren". Und das klappt - erstaunlicherweise - in vielen Fällen wahnsinnig gut!
Warum ist das so? Weil Hunde unglaubliche Anpassungsfähigkeiten haben.
Während wir fleißig vor uns hinplappern, lernt unser Hund uns zu beobachten, Stimmungen wahrzunehmen, bestimmte Anzeichen zu erkennen und darauf zu reagieren. Verstehen tut der das Geplapper nämlich nicht, und das nicht nur nicht, weil er vielleicht aus dem Ausland kommt. Und irgendein vorprogrammiertes System ist da in der Regel auch nicht im Hundekopf vorhanden, welches dem Welpen die Formel fürs an der Leine laufen mitgibt oder dem Junghund das Ruhigbleiben beim Warten ermöglicht oder dem erwachsenen Hund mit einem erhöhten Bedarf nach Individualdistanz das Entspanntsein in (engen) Begegnungssituationen vorgibt.
Kurz um, woher soll dein Hund wissen, wie er sich in bestimmten Situationen verhalten soll? Woher, wenn nicht von dir? Und wenn er es doch tut und du zufrieden mit ihm bist, woher weiß er das?
Und obwohl Hunde sich so großartig an neue Gegegbenheiten anpassen können, passieren manchmal Dinge oder der Hund gerät in Situationen, auf die er (noch) nicht vorbereitet ist und/oder in denen er nicht so reagiert, wie wir es gerne hätten (woher soll er das auch wissen?). Er verhält sich "unmöglich"!
Vielleicht ist er uns sogar peinlich? Im schlimmsten Falle ist sein Verhalten, sind seine Reaktionen, sogar für ihn, uns oder andere, gefährlich.
Und das geht ja mal gar nicht!

Und hier kommt ein ganz wichtiger Aspekt: Jedes Verhalten, jede Reaktion hat einen Grund. In der Regel erhofft sich der Hund von seinem Verhalten etwas Gutes zu bekommen oder etwas Schlechtes zu vermeiden. Im Zwiefelsfall z.B. das eigene Wohlbefinden zu schützen. So wie jedes andere Lebewesen auch.
Und damit sind wir bei einem ganz wichtigen Punkt für DICH:
Dein Hund will dich mit seinem Verhalten nicht ärgern oder blamieren. Er ist in erster Linie Egoist, es geht ihm also erstmal um sich und sein Wohlbefinden. Klingt traurig? Muss es nicht sein ;)
Denn dieses Wissen verschafft dir einen ganz entscheidenen Vorteil (neben deinem viel größeren Gehirn, mehr Entscheidungsmöglichkeiten und der Fähigkeit zu logischem Denken):
Du kannst dies für dich nutzen! Und zwar
1. kannst du bestimmen, in welche Situationen du deinen Hund bringst - immerhin hast du auch entschieden, ob, dass und wie ihr zusammen lebt
2. kannst du euren Alltag gestalten, zum Beispiel die Umgebung beim Spazierengehen oder die Distanz zu vorbeilaufenden Menschen wählen - und
3. kannst du deinen Hund TRAINIEREN, d.h. du kannst deinem Hund beibringen, wie er sich (alltags- und umwelttauglich) verhalten kann/soll!
Ist das nicht großartig? Du hälst also selbst die Fäden in der Hand, ob dein Hund sich "unmöglich" verhält - oder eben nicht ;)

Jetzt klingt das ja erstmal ganz schön, vielleicht sogar ein bisschen zu schön, gar banal. Denn leider macht es uns (Menschen) auch unsere Umwelt nicht immer ganz so einfach... Aber haben eben das größere Gehirn und mehr Möglichkeiten eigene Entscheidungen zu treffen. Und dies können und sollten wir nutzen um:
- unseren Hund lesen zu lernen (dann sieht man viel "unmögliches" Verhalten schon kommen, bevor es überhaupt passieren muss)
- unseren Hund unterstützen und anleiten (manche nennen es auch den Hund "führen", why not... solange wir als Freund und Partner und nicht als "Rudelchef" daher kommen :D )
- vorausschauend und für den Hund mitdenkend in der Umwelt unterwegs sein - wie im Straßenverkehr eben auch ;)
Dies alles erreicht man in der Regel schon durch ein kleinwenig Empathie:
- Wie fühlt sich mein Hund (gerade/in der Situation)? Wie GEHT es ihm dabei?
Des Weiteren hilft natürlich Wissen über diese andere Art, die man sich ins Haus und sein Leben geholt hat:
- Wie kommunizieren Hunde? Wie funktioniert ihr Ausdrucksverhalten? Was sind ihre Bedürfnisse?
Und dann kann es natürlich noch hilfreich sein, sich ein klein wenig dafür zu interessieren, wie Hunde lernen; denn selbst für diejenigen, die sich gegen (das eigene Lernen in einer guten) Hundeschule oder -training entscheiden:
Der Hund lernt trotzdem, immer! Und du entscheidest, was er lernt - ein Leben lang (ob du willst oder nicht).

Dieses Lernen entscheidet letztendlich, wie dein Hund sich (in Zukunft) verhält. Lernt dein Hund Vertrauen und Sicherheit durch positive Erfahrungen, ein gutes Gefühl mit dir (eine gute Bindung) durch das Wissen nach sicherer Unterstützung, dies sorgt für mehr Ausgeglichenheit; dein Hund kann somit auch in schwierigen Situationen Verlässlichkeit erfahren und sich auf Hilfestellungen einlassen.
Im Gegensatz zu den weitverbreiteten "Korrekturen" oder Strafen für "unmögliches" Verhalten, welche - was ja auch logisch ist - keine Hilfestellungen für den Hund sind, sondern ihn nur zusätzlich verunsichern. Hinzu kommen häufig falsch gesetzte Grenzen, Ignoranz und Inkonsequenz, die das Vertrauen zerstören zwischen Hund und Mensch. Sie verhindern, dass dein Hund dich als verlässlichen und vertrauenswürdigen Partner betrachtet.
Im besten Fall für dich, wird dein Hund so eingeschüchtert, dass er sich einfach gar nichts mehr traut... Ob das der beste Fall für den Hund ist... Lasse ich mal offen, die Antwort findest du bestimmt (in dir) selbst.
Aber, es geht eben auch schöner, netter - wenn wir deinen Hund fragen, würde er vielleicht sagen: Besser!
Und um es "besser" zu machen, um deinen Hund lesen zu lernen, ihm Unterstützung zu geben, ihn anzuleiten und bei Bedarf zu "trainieren" - da kannst du (als Mensch, der Part mit dem größeren Gehirn und mehr Entscheidungsmöglichkeiten in eurer "Partnerschaft") nachdenken, Dinge verändern, andere (bessere?) Entscheidungen treffen, ja dir sogar Hilfe holen! Dein Hund kann das leider nicht... Aber vielleicht denkst du ein wenig für deinen Hund mit und fragst dich, ob dein Hund sich auch für diese Situation, diesen Weg, diese Unterstützung, diese Hilfe entschieden hätte.
Damit er nicht "nur" kein unmögliches Verhalten mehr zeigen muss, sondern damit ihr BEIDE langfristig glücklich werdet.