
Vor gut 8 Jahren durfte ich dieses kleine, braune Strubbeltier in Portugal während einer Kastrationsaktion in einem Tierheim kennenlernen. Und auch nach dem Heimflug ging sie mir nicht mehr aus dem Kopf - diese kleine, ängstliche Hündin, die die meiste Zeit in einer Hundehütte kauerte und sich die anderen 15-20 Hunde aus dem Zwinger vom Leib hielt. Dass ein Mensch sie anfassen oder auch nur näher in Augenschein nehmen konnte, war kaum denkbar. Es war nicht ganz einfach, aber ein paar Monate später, am 04.11.2013, landete der Flieger mit "meiner" Loony dann endlich in Deutschland und "unsere Zeit" ging erst richtig los! Gestartet in einem WG-Zimmer in Gießen, hast du, kleine Loony, gemeinsam mit Layla mein Master-Studium mitgemacht, einige Umzüge und letztendlich sogar das plötzliche Zusammenleben mit einem kleinen Menschen-Neuling. So toll hast du es geschafft, dich in unseren Alltag einzufinden, dass du mit Menschen und anderen Hunden und auch allen anderen Einflüssen unserer hiesigen Umwelt mal so gut klar kommst, hätte wohl keiner erwartet. Und doch war es der Einzug des kleinen Menschleins, was unser Zusammenleben letztendlich sehr schwierig und stressig gemacht hat...

Plötzlich fehlten die ausgiebigen Kuscheleinheiten und wenn etwas gruselig war, war es nicht mehr immer möglich, direkten Körperkontakt aufzunehmen... und als der kleine Mensch dann auch noch anfing selbstständig durch die Zimmer zu krabbeln, spürte ich schon, wie innerlich zerrissen du bist, zwischen Rückzug in mein Büro, wo du alleine deine Ruhe haben konntest, und dem Aushalten der komischen Geräusche und neuen Bewegungen, nur um weiterhin in meiner Nähe zu sein.
Und dann stand da bei Facebook auf einmal, dass jemand aus meiner Freundesliste einen Hund sucht - natürlich kannten wir uns auch schon vorher persönlich und auf einmal waren die schon unterschwellig immer wieder vorhandenen Gedanken, ob es dir, kleine Loony, woanders besser gehen könnte, so viel greifbarer. So angsteinflößend wie es schien, so hoffnungsvoll war es gleichermaßen. Eine feste Bezugsperson für meine Loony, Kuscheleinheiten bis zum Umfallen, (noch) einmal die absolute Nummer eins sein... aber dafür mussten natürlich die Rahmenbedingungen passen. Leben in einer WG, bekommst du hin. 2 Katzen und ein anderer Hund als Mitbewohner, mit viel Leckerlies und einer Hand voll Voraussicht auch super gemeistert, von Loony, ihrer neuen Mama und den Mitbewohnern. Mehr und mehr wurde klar; das sieht echt gut aus für Loony! Alle sind glücklich, alles passt - fast schon "zu" perfekt. Und so wurde das eine Auge immer fröhlicher und das andere trauriger.

Und heute war es dann so weit - der Vertrag wurde umgeschrieben und nun gehörst du ganz offiziell und schwarz auf weiß nicht mehr zu uns. Aber ich weiß, dass es dir so gut geht, wie es nur sein kann. Dass du geliebt wirst, sowohl in deinem neuen Heim als auch hier. Ich weiß, dass es nur egoistisch gewesen wäre, dich hier zu behalten, obwohl es dort so einen tollen, passenden, liebenden Platz für dich gibt. Und ich weiß, dass wir uns immer sehen können, wenn wir das möchten oder brauchen. Ich danke deiner neuen Mama, dass ich auch für sie weiterhin deine "alte" Mama bin und bleiben darf. Und natürlich bin ich einfach unendlich dankbar, dass du glücklich sein darfst - entspannt und glücklich, so wie ich es dir einfach nicht mehr ermöglichen konnte.
Ich hätte mir früher niemals denken können, ein einmal übernommenes Tier wieder abzugeben. Diese Erfahrung nun am "eigenen Leib" zu spüren und zu wissen, dass sie richtig war, möchte ich gerne erklären und in meiner Position als Trainerin verdeutlichen. Natürlich haben wir, und hätten auch noch weiter, an der Situation arbeiten können, aber wir hätten niemals Loonys Bedürfnisse nach viel Körperkontakt, sowie nach Ruhe und Routine in diesem Maß erfüllen können, wie es nun in ihrem neuen Heim möglich ist. Hätte sich diese fabelhafte Möglichkeit nicht ergeben, wäre Loony selbstverständlich hier geblieben, aber uns Trainer*innen begegnen natürlich auch immer wieder Fälle, wo wir tatsächlich eine Abgabe des Tieres befürworten. Weil alles andere viel Leid bedeuten würde, Einschränkungen für Mensch und Tier, unbefriedigte Bedürfnisse, Stress und Trauer. Wann und ob dies der Fall ist, das eine Abgabe besser für Mensch und Tier ist, dafür müssen selbstverständlich immer alle Seiten und Aspekte individuell betrachtet werden und es kann definitiv keine Pauschalaussage getroffen werden. Aber genauso wenig dürfen wir pauschal eine Abgabe verteufeln und damit eventuell hinnehmen, dass Mensch und Hund in einem unnötig hohen Maß an Unwohlsein leben.
